Dienstag, 26. März 2013

Burnout oder Depression?

Petra Borg/ Pixelio.de


Burnout ist keine Depression

 
 
 
 
 
 
 
Krankenkassen verzeichnen eine deutliche Steigerung psychischer Leiden. Im alltäglichen Sprachgebrauch und auch nach Meinung verschiedener Fachleute handelt es sich beim Burnout um eine Depression. Um die Störungen gezielt behandeln zu können, ist die Unterscheidung wichtig.


 
Wie ein Burnout definiert wird
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in der ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten) festgelegt, ein Burnout ist keine Erkrankung, sondern ein Problem bei der Lebensbewältigung. Auch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde widerspricht in einem Positionspapier (7.03.12)der weit verbreiteten Auffassung, ein Burnout mit einer psychischen Störung gleichzusetzen.

Symptome eines Burnouts sind eine anhaltende emotionale Erschöpfung, das Gefühl der Überforderung, die Unfähigkeit zu entspannen und körperliche Beschwerden. Dazu kommen die ansteigende Frustration und Distanzierung von der Arbeit und Zynismus gegenüber Kollegen und Kunden. Konzentration und Denkvermögen sind herabgesetzt. Wegen seiner sinkenden Arbeitsleistung leidet der Betroffene unter Schuldgefühlen.

Die Erschöpfungssymptome bestehen über Wochen oder Monate und es kann unbehandelt zu Folgeerkrankungen wie Diabetes, Alkoholmissbrauch, chronischen Schmerzen und einer erhöhten Infekt-Anfälligkeit kommen. Außerdem besteht die Gefahr, an einer psychischen Störung wie Depressionen oder Angststörungen zu erkranken.

Auswirkungen
Im schwersten Fall führt ein Burnout zu einer neurobiologischen Blockade im Gehirn. Bei Stress übernimmt das limbische System, der älteste Teil unseres Gehirns, das Kommando. Das Denkgehirn wird umgangen und Stressauslöser können nicht als harmlos und kontrollierbar bewertet werden. Im Gehirn sind Botenstoffe (Neurotransmitter) an der Kommunikation zwischen den Zellen beteiligt und diese haben Auswirkungen auf die Stimmungslage. Dauerstress führt zu Veränderungen, insbesondere bei Cortisol und Noradrenalin.

Cortisol schädigt bei Dauerstress den Organismus, das belegen wissenschaftliche Studien mit Ratten. Der Hippocampus ist das Hirnareal, das für Gedächtnisleistungen zuständig ist. Er wird kleiner, während sich die Amygdala, die u.a. für die Angstverarbeitung zuständig ist, vergrößert. Als Folge verstärkt sich die Angst und die Gedächtnisleistung nimmt ab. Der Betroffene kann nahezu handlungsunfähig werden und sein Zustand ähnelt stark einer Depression. Im Gegensatz zu einem depressiven Menschen kann er sich aber eine positive Zukunft vorstellen.

Eine Depression wird anders diagnostiziert
Laut ICD-10 zählen Depressionen zu den affektiven Störungen. Die Symptome wie eine gedrückte Stimmung, Interessenverlust und eine Antriebsminderung beeinträchtigen die Lebensqualität sehr stark. Die Unfähigkeit, Freude zu empfinden und die Gefahr der Suizidalität mit einer Sterblichkeitsrate von 10 – 15 Prozent sind schwerwiegende Krankheitsmerkmale. Oft kommt es zu einem verminderten Selbstwertgefühl, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und einem starken Gewichtsverlust. Schlafstörungen sind vielfach mit einem sehr frühen Erwachen verbunden und die Stimmung ist morgens häufig besonders gedrückt.

Auswirkungen
Der Beginn einer depressiven Erkrankung kann akut oder schleichend sein. Depressionen  haben überwiegend einen phasenhaften Verlauf. Bei bis zu 80 % der Erkrankten tritt die Depression in den folgenden Jahren erneut auf. Die Dauer der Phasen kann von zwei Wochen bis zu mehreren Monaten variieren. 15 bis 30 Prozent aller Betroffenen entwickeln einen chronischen Verlauf mit einer Dauer von 2 Jahren und länger.

Therapie
Die Unterscheidung Burnout oder Depression ist für die Erfolgssausichten der Behandlung sehr entscheidend.
Die Entstehung eines Burnouts gilt als kontextabhängig, also durch äußere Umstände bedingt. Depressionen entstehen kontextfrei: Kritische Lebensereignisse können aber als ein Faktor zum Ausbrechen der Krankheit beitragen

Bei Depressionen ist die Dysbalance der Neurotransmitter eine Ursache und nicht eine Folge wie beim Burnout. Während der Ratschlag, sich frei zu nehmen und auszuschlafen, für einen Menschen mit Burnout sicherlich unterstützend ist, kann dieser Tipp bei einem Menschen mit einer Depression zu einer Verschlechterung der Stimmung und zu einer Verschlimmerung der Symptome führen.

Aus einem unbehandelten Burnout kann sich eine Depression entwickeln. Der dauerhaft veränderte Neurotransmitterspiegel bewirkt genetische Veränderungen im Gehirn. Im Hippocampus sinkt der Stoffwechsel und das Gedächtnis und die Neugier lassen nach. Es entsteht Schwermut.

Ein Burnout überwinden
Bei einem Burnout geht es darum, die neurobiologische Stressblockade im Gehirn aufzulösen. Es können Stimulationstechniken, die die Gehirnfunktionen normalisieren, eingesetzt werden. In Verbindung mit Atemübungen, Entspannungsverfahren, Tiefenentspannung und Visualisierungen sowie Trancen sind sie äußerst wirkungsvoll. Allerdings ist es unbedingt notwendig, zusätzlich die Lebensumstände zu reflektieren, um persönliche Stressoren abzubauen und um einem Rückfall vorzubeugen.

Die Depression behandeln
Ärztlich verordnete Antidepressiva normalisieren den Neurotransmitterspiegel im Gehirn und führen zur Stimmungsaufhellung und Antriebssteigerung. Bei Suizidgefahr ist eine stationäre Unterbringung erforderlich. Betroffene sollten über ihr Krankheitsbild und den Verlauf aufgeklärt werden. Auf jeden Fall sinnvoll ist eine Verhaltens-, tiefenpsychologische Therapie oder Psychoanalyse, um Krankheitsursachen aufzudecken und zu bearbeiten bzw. mit der Depression umgehen zu lernen.

Fazit
Die WHO hat festgelegt, ein Burnout ist ein Problem bei der Lebensbewältigung und keine Krankheit. Menschen dürfen sich somit der Chance ihrer Eigenverantwortlichkeit und ihrer Steuerungsmöglich-keiten bewusst sein. Sie können und sind in der Lage, ein Leben in Zufriedenheit und Lebensfreude zu führen, sofern sie geeignete Maßnahmen zum Stressabbau ergreifen, ihre Belastbarkeit steigern bzw. ihre eigenen Grenzen akzeptieren. Betroffene, die Strategien entwickelt haben, auf hohe Anforderungen stabil zu reagieren, sind vor einem Rückfall geschützt.

 
Frauke Schulte, 26.03.13

 
Literatur:
Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde, 7.03.12
Internationale Klassifikation psychischer Störungen, Kapitel V (F), Bern 2011
Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 51: depressive Erkrankungen, Berlin 2010
Kaluza: Stressbewältigung, Heidelberg 2004
Koeslin: Psychiatrie und Psychotherapie für Heilpraktiker, München 2011
Gatterburg/ Großbongardt:  Diagnose Burnout, München 2012

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