Petra Borg/ Pixelio.de |
Burnout ist keine Depression
Krankenkassen verzeichnen eine deutliche Steigerung
psychischer Leiden. Im alltäglichen Sprachgebrauch und auch nach Meinung verschiedener
Fachleute handelt es sich beim Burnout um eine Depression. Um die Störungen
gezielt behandeln zu können, ist die Unterscheidung wichtig.
Krankenkassen verzeichnen eine deutliche Steigerung
psychischer Leiden. Im alltäglichen Sprachgebrauch und auch nach Meinung verschiedener
Fachleute handelt es sich beim Burnout um eine Depression. Um die Störungen
gezielt behandeln zu können, ist die Unterscheidung wichtig.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in der ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten) festgelegt, ein Burnout ist keine Erkrankung, sondern ein Problem bei der Lebensbewältigung. Auch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde widerspricht in einem Positionspapier (7.03.12)der weit verbreiteten Auffassung, ein Burnout mit einer psychischen Störung gleichzusetzen.
Symptome eines Burnouts sind eine anhaltende emotionale
Erschöpfung, das Gefühl der Überforderung, die Unfähigkeit zu entspannen und
körperliche Beschwerden. Dazu kommen die ansteigende Frustration und
Distanzierung von der Arbeit und Zynismus gegenüber Kollegen und Kunden. Konzentration
und Denkvermögen sind herabgesetzt. Wegen seiner sinkenden Arbeitsleistung
leidet der Betroffene unter Schuldgefühlen.
Die Erschöpfungssymptome bestehen über Wochen oder Monate
und es kann unbehandelt zu Folgeerkrankungen wie Diabetes, Alkoholmissbrauch,
chronischen Schmerzen und einer erhöhten Infekt-Anfälligkeit kommen. Außerdem
besteht die Gefahr, an einer psychischen Störung wie Depressionen oder
Angststörungen zu erkranken.
Auswirkungen
Im schwersten Fall führt ein Burnout zu einer
neurobiologischen Blockade im Gehirn. Bei Stress übernimmt das limbische
System, der älteste Teil unseres Gehirns, das Kommando. Das Denkgehirn wird
umgangen und Stressauslöser können nicht als harmlos und kontrollierbar
bewertet werden. Im Gehirn sind Botenstoffe (Neurotransmitter) an der
Kommunikation zwischen den Zellen beteiligt und diese haben Auswirkungen auf
die Stimmungslage. Dauerstress führt zu Veränderungen, insbesondere bei Cortisol
und Noradrenalin.
Cortisol schädigt bei Dauerstress den Organismus, das belegen
wissenschaftliche Studien mit Ratten. Der Hippocampus ist das Hirnareal, das
für Gedächtnisleistungen zuständig ist. Er wird kleiner, während sich die
Amygdala, die u.a. für die Angstverarbeitung zuständig ist, vergrößert. Als
Folge verstärkt sich die Angst und die Gedächtnisleistung nimmt ab. Der
Betroffene kann nahezu handlungsunfähig werden und sein Zustand ähnelt stark
einer Depression. Im Gegensatz zu einem depressiven Menschen kann er sich aber
eine positive Zukunft vorstellen.
Eine Depression wird
anders diagnostiziert
Laut ICD-10 zählen Depressionen zu den affektiven Störungen.
Die Symptome wie eine gedrückte Stimmung, Interessenverlust und eine Antriebsminderung
beeinträchtigen die Lebensqualität sehr stark. Die Unfähigkeit, Freude zu
empfinden und die Gefahr der Suizidalität mit einer Sterblichkeitsrate von 10 –
15 Prozent sind schwerwiegende Krankheitsmerkmale. Oft kommt es zu einem
verminderten Selbstwertgefühl, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen,
Appetitlosigkeit und einem starken Gewichtsverlust. Schlafstörungen sind vielfach
mit einem sehr frühen Erwachen verbunden und die Stimmung ist morgens häufig
besonders gedrückt.
Auswirkungen
Der Beginn einer depressiven Erkrankung kann akut oder
schleichend sein. Depressionen haben
überwiegend einen phasenhaften Verlauf. Bei bis zu 80 % der Erkrankten tritt
die Depression in den folgenden Jahren erneut auf. Die Dauer der Phasen kann
von zwei Wochen bis zu mehreren Monaten variieren. 15 bis 30 Prozent aller
Betroffenen entwickeln einen chronischen Verlauf mit einer Dauer von 2 Jahren
und länger.
Therapie
Die Unterscheidung Burnout oder Depression ist für die
Erfolgssausichten der Behandlung sehr entscheidend.Die Entstehung eines Burnouts gilt als kontextabhängig, also durch äußere Umstände bedingt. Depressionen entstehen kontextfrei: Kritische Lebensereignisse können aber als ein Faktor zum Ausbrechen der Krankheit beitragen
Bei Depressionen ist die Dysbalance der Neurotransmitter
eine Ursache und nicht eine Folge wie beim Burnout. Während der Ratschlag, sich
frei zu nehmen und auszuschlafen, für einen Menschen mit Burnout sicherlich
unterstützend ist, kann dieser Tipp bei einem Menschen mit einer Depression zu
einer Verschlechterung der Stimmung und zu einer Verschlimmerung der Symptome
führen.
Aus einem unbehandelten Burnout kann sich eine Depression
entwickeln. Der dauerhaft veränderte Neurotransmitterspiegel bewirkt genetische
Veränderungen im Gehirn. Im Hippocampus sinkt der Stoffwechsel und das
Gedächtnis und die Neugier lassen nach. Es entsteht Schwermut.
Ein Burnout
überwinden
Bei einem Burnout geht es darum, die neurobiologische
Stressblockade im Gehirn aufzulösen. Es können Stimulationstechniken, die die
Gehirnfunktionen normalisieren, eingesetzt werden. In Verbindung mit
Atemübungen, Entspannungsverfahren, Tiefenentspannung und Visualisierungen sowie
Trancen sind sie äußerst wirkungsvoll. Allerdings ist es unbedingt notwendig, zusätzlich
die Lebensumstände zu reflektieren, um persönliche Stressoren abzubauen und um
einem Rückfall vorzubeugen.
Die Depression
behandeln
Ärztlich verordnete Antidepressiva normalisieren den
Neurotransmitterspiegel im Gehirn und führen zur Stimmungsaufhellung und
Antriebssteigerung. Bei Suizidgefahr ist eine stationäre Unterbringung
erforderlich. Betroffene sollten über ihr Krankheitsbild und den Verlauf
aufgeklärt werden. Auf jeden Fall sinnvoll ist eine Verhaltens-,
tiefenpsychologische Therapie oder Psychoanalyse, um Krankheitsursachen
aufzudecken und zu bearbeiten bzw. mit der Depression umgehen zu lernen.
Fazit
Die WHO hat festgelegt, ein Burnout ist ein Problem bei der
Lebensbewältigung und keine Krankheit. Menschen dürfen sich somit der Chance ihrer
Eigenverantwortlichkeit und ihrer Steuerungsmöglich-keiten bewusst sein. Sie
können und sind in der Lage, ein Leben in Zufriedenheit und Lebensfreude zu
führen, sofern sie geeignete Maßnahmen zum Stressabbau ergreifen, ihre
Belastbarkeit steigern bzw. ihre eigenen Grenzen akzeptieren. Betroffene, die
Strategien entwickelt haben, auf hohe Anforderungen stabil zu reagieren, sind
vor einem Rückfall geschützt.Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde, 7.03.12
Internationale Klassifikation psychischer Störungen, Kapitel V (F), Bern 2011
Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 51: depressive Erkrankungen, Berlin 2010
Kaluza: Stressbewältigung, Heidelberg 2004
Koeslin: Psychiatrie und Psychotherapie für Heilpraktiker, München 2011
Gatterburg/ Großbongardt: Diagnose Burnout, München 2012